Warum der Mensch Chilis liebt – oder hasst

Chilis sind wohl das Gewürz, das in den letzten Jahren am meisten an Popularität gewonnen hat. Doch warum lieben viele Menschen die scharfen roten Schoten?

Geht es um Geschmack, sprechen die Leute fast ausschließlich über den tatsächlichen Geschmack einer Speise und vielleicht noch über den Geruch.

Es gibt daneben aber noch eine dritte Qualität des Geschmacks. Das sind die physischen Empfindungen des Tastens, also von Temperatur und Schmerz. Willkommen in der Welt der Chilis, denn diese sind ein Paradebeispiel für ein Nahrungsmittel, dass die dritte Geschmacksqualität bedient.

Diese dritte Geschmacksqualität hat noch keinen Namen. In der Wissenschaft gibt es Begriffe dafür, doch sind diese nicht einheitlich und beschreiben jeweils nur eine Teilkategorie. Die einzige Übereinstimmung in der Wissenschaft ist im Moment, dass die physischen Zeichen dieser dritten Geschmacksqualität Manifestationen des Tastsinns sind.

Obwohl noch nicht wirklich erforscht und meist übersehen, sind diese Qualitäten für unser Erleben von Geschmack essentiell. Die Trinität des Geschmacks lautet also: Geschmack, Geruch, Tastempfinden.

Mehr als Schmerz

Das Brennen von Chilis fällt nun vor allem in den Bereich des Tastempfindens und weniger in Geschmack oder Geruch. Lange wusste man nicht, was das Brennen auslöst. Erst 1997 entdeckte man im Gehirn Rezeptoren für Capsaicin, also den Stoff, der verantwortlich für das Hitzegefühl beim Verzehr von Chilis ist. Der gleiche Rezeptor ist auch bei heißen Temperaturen aktiv. Im Gehirn kommt beim Verzehr von Chili also an, dass die Zunge verbrannt wird.

Chilis: mannigfaltige Unterschiede

Je nach Sorte, fühlen sich Chilis ganz unterschiedlich im Mund an. Am offensichtlichsten sind dabei andere Grade von Hitze und Schärfe. Die dafür heute gebräuchliche Scoville-Skala wurd 1912 von Wilbur Scoville entwickelt. Der meinte, man könne die Schärfe von Lebensmitteln messen, indem man ein Extrakt so lange verdünnt, bis Tester gar keine Schärfe mehr wahrnehmen.

Pfeffer musste dafür z. B. zehnfach verdünnt werden, er hat also zehn Scoville. Manche Chilis haben jedoch weit über 100.000 Scoville!

Doch es geht nicht nur um Hitzeempfinden oder Schärfe. Chilis kann man weiters auch in folgende Kategorien unterteilen:

  1. Dauer der Schärfe
  2. Ort, an dem die Schärfe auftritt (Lippen, Zungenspitze, Gaumen ...)
  3. Art der Schärfe (stechend und lokal oder langsam ansteigend und verteilt ...)

Hilft Fettiges wirklich gegen Schärfe?

Was tut man aber, wenn es zu scharf wird? Oft heißt es, dass etwas Fettiges helfen würde. Empfohlen wird dafür oft kalte Milch. Die Kühle helfe gegen die Hitze, die Flüssigkeit übertüncht das Brennen und das Fett löst das Capsaicin von den Rezeptoren.

Untersuchungen dazu gibt es jedoch keine. Experten gehen aber davon aus, dass die Milch nur hilft, weil sie uns vom Brennen ablenkt. Denn selbst Fett ist nicht unumstritten. Schmeckt man die Schärfe, ist das Capsaicin schon tief ins Gewebe vorgedrungen, da hilft eine oberflächliche Milchspülung nicht mehr.

Schmerz als Lust

Millionen von Menschen suchen heute den Schmerz, den Chilis verursachen, und ziehen Lust daraus. Der Mensch ist das einzige Lebewesen auf dem Planeten, dass sich selbst Schmerz zufügt mit Chilis. (Zugegeben, Vögel lieben die bunten Schoten, doch haben die keine Capsaicinrezeptoren, wodurch Chilis für sie nicht schärfer sind als Wasser.) Dennoch gibt es auch Menschen, die Chilischärfe gar nicht aushalten und sie meiden. Eine interessante Begebenheit. Eine klare Antwort auf die Frage, warum manche Chilis lieben und andere sie hassen, gibt es noch nicht, doch viele Erklärungsansätze:

  • Chili-Liebhaber sollen das Brennen weniger spüren.
  • Die Gene sind schuld.
  • Manche Menschen haben empfindlicher Capsaicinrezeptoren als andere.

Sind Chili-Liebhaber Masochisten?

Was auch immer die Erklärung ist, eines ist sicher: Chili-Liebende genießen den damit einhergehenden Schmerz. Es dauerte nicht lange und dieses Paradox rief die Psychologen auf den Plan. Schon 1980 sah man die Praxis, sich mit Chilis freiwillig Schmerz zu bereiten, als eine Form gutartigen Masochismus, ähnlich wie bei einer Achterbahnfahrt oder einem Horrorfilm. Sonst ist Schmerz nämlich immer eine Warnung vor nahendem Schaden, wie etwa bei einer heißen Kartoffel, die man schnell fallen lässt, bevor Schlimmeres passiert.

Falscher Alarm

Das Brennen von Chilis löst zwar die gleichen Reaktionen im Gehirn aus als hätte man eine heiße Kartoffel angefasst, doch handelt es sich dabei um falschen Alarm. Es ist also ein Nervenkitzel, der den Anschein erweckt, gefährlich zu leben. Dabei setzt man sich jedoch keiner wirklichen Gefahr aus.

Nach dieser Erklärung müssten eigentlich eher abenteuerlustige Menschen Chilis mögen. Und so ist es auch. Es stellte sich bei Untersuchungen heraus, dass risikofreudigere Menschen eher Chilis mögen.

Übrigens:

Manche Menschen sagen, dass sie durch Chilis nichts mehr schmecken. Andere meinen dagegen, dass die Schärfe erst die Geschmacksknospen für andere Eindrücke aufweckt und alles intensiver schmeckt. Fakt ist: Capsaicin blockt den Geschmack, wenn überhaupt, nur in sehr geringem Maße. Man schmeckt also nur nichts mehr, wenn man sich zu sehr auf die Schärfe konzentriert. Sich nicht damit zu befassen, ist manchmal aber gar nicht so einfach.

Hier geht es zu unserer großen Auswahl an Chiliprodukten zum Kochen. Es ist für jeden Geschmack und Schärfegrad etwas dabei. :-)